Die Kraft der Atmung im Qigong
- Markus Oberreiter
- 24. Juli
- 4 Min. Lesezeit
In der heutigen Zeit suchen viele Menschen nach Kraft, Ausgleich und innerem Frieden. Sie suchen im Außen – doch dabei liegt einer der größten Schlüssel zur Lebenskraft in uns selbst: im Atem.
Die bewusste Qigong Atmung ist mehr als nur ein körperlicher Vorgang – sie ist die Brücke, sie ist Wahrnehmung, sie ist der erste Schritt zur Rückverbindung mit dem Qi.
In diesem Blog möchte ich dir zeigen, warum die Atmung im Qi Gong so zentral ist – und wie du sie mit einer einfachen, aber tief wirksamen Übung kultivieren kannst.
Was bedeutet Qi eigentlich?
Beim Üben von Qi Gong richten wir unsere volle Aufmerksamkeit auf das Qi – häufig mit „Lebensenergie“ übersetzt. Doch diese Übersetzung greift zu kurz: Im traditionellen chinesischen Denken steht Qi für weit mehr als nur persönliche Vitalität. Es ist die Wandlungskraft, die alles durchdringt – das Leben, den Körper und das gesamte Universum.
Nach daoistischem Verständnis entstand aus dem großen Nichts – dem Wuji – das Tai Chi, das Prinzip von Yin und Yang. Und aus dem Spannungsfeld dieser Gegensätze entstand das Qi – die dynamische Energie, die alle Erscheinungen der Welt durchdringt und verbindet.
Wir sind also nicht nur „voller Qi“ – wir leben in Qi, wir sind Qi – jederzeit, überall. Und genau darum geht es im Qi Gong: Dieses Qi spürbar zu machen, es zu kultivieren und es für unser körperliches, geistiges und emotionales Wohlbefinden zu nutzen.
Qi ist nicht „Magie“ – Qi ist lebendige Verbindung
Im Westen wird Qi oft als etwas Esoterisches missverstanden – mystisch und schwer fassbar. Dabei ist Qi nichts Abstraktes: Es zeigt sich konkret in der Qigong-Atmung, in fließenden Bewegungen und im Kontakt mit der Natur. Qigong lehrt uns, diese Lebenskraft bewusst zu lenken. Und genau hier wird die Atmung zum zentralen Schlüssel.
Die Atmung – der erste und wichtigste Qi-Träger
Qigong-Atmung: Dein Schlüssel zur Qi-Aufnahme
Unsere Atmung ist die vielleicht direkteste Schnittstelle zum Qi. Ohne Atmung kein Leben – und keine Qi-Zirkulation. Mit jedem Atemzug nehmen wir nicht nur Sauerstoff auf, sondern auch frische, klare Energie – im Chinesischen spricht man vom „Himmels-Qi“ (Tian Qi), das über die Luft zu uns kommt.
Im Alltag aber atmen viele Menschen zu flach, zu hektisch, zu unbewusst. Stress, Ängste, schlechte Luftqualität oder körperliche Verspannungen wirken sich negativ auf unsere Atmung aus – und damit auf die Qualität unseres Qi. Gerade in belastenden Zeiten verliert der Atem an Tiefe – und mit ihm unser inneres Gleichgewicht.
Vor der Qi Gong Übung beginnen wir daher immer zuerst mit den 8 Wahrnehmungen, einer grundlegenden vorbereitenden Meditation damit sich Körper, Geist und Energie wieder verbinden können und der Atem wird dabei: langsam, tief, ruhig
Die Atmung kultivieren
Die Leiteratmung: Eine fundamentale Qigong Atemübung
Eine bewährte Qigong Atemübung in der Tradition, um die Atmung sanft zu vertiefen und den Atemrhythmus zu harmonisieren, ist das atembewusste Gehen mit Schrittzählung – oft auch als „Leiteratmung“ bezeichnet.
Diese Form der Atemschulung ist in verschiedenen traditionellen Qi Gong-Systemen wie dem Daoyin Yangsheng Gong oder der Nei Yang Gong Atemtherapie verankert. Sie beschreiben, wie durch das Zusammenspiel von Bewegung, bewusster Atemführung und Achtsamkeit die Qi-Zirkulation gefördert und die Atmung auf natürliche Weise vertieft werden kann.
Auch bei om-leben werden diese Prinzipien im Qi-Gong-Übungskonzept berücksichtigt und gezielt in die Praxis integriert.
Folgend eine vereinfachte Form der Atemübung:
Beginne beim Gehen, in entspanntem Tempo, und zähle deine Schritte.
Atme auf 3 Schritte ein – mit bewusst tiefer Bauchatmung – und auf 3 Schritte aus.
Nach einigen Atemzyklen verlängere auf 4 Schritte ein, 4 aus, dann auf 5, 6 und so weiter.
Gehe bewusst bis an deine persönliche Grenze – wenn möglich sogar eine Schrittanzahl darüber hinaus – und verweile dort für ein paar Atemzyklen.
Danach reduziere wieder um eine Schrittanzahl und bleibe in diesem Atemrhythmus noch eine Weile.
Spüre nach, wie sich dein Atemfluss, dein Energieempfinden und deine innere Ruhe verändern.
Diese Übung hilft nicht nur dabei, die Atemfrequenz bewusst zu regulieren, sondern auch die Qualität der Atmung zu verbessern. Sie wirkt entspannend, zentrierend und öffnet den Weg für ein tieferes Erleben von Qi – auch außerhalb der Qi Gong-Praxis.
Die Atmung ist das Tor zum Qi
Ich sage meinen Schüler:innen zu Beginn immer: Die Atmung muss sich zuerst an die noch ungewohnten Übungen anpassen und kultivieren. Es ist völlig in Ordnung, gerade am Anfang bei bestimmten Übungsabschnitten Zwischenatemzüge zu machen. Mit der Zeit – durch regelmäßige Praxis – stellt sich eine tiefere, gleichmäßigere Atmung ein, die wiederum die Wirkung der wertvollen Acht-Harmonien-Übungen deutlich verstärkt.
Die Atmung ist auch ein Teil des San Bao – der drei Schätze im Qigong – und gilt dort als manifestierter Ausdruck des Qi im Menschen. Sie verbindet Körper, Energie und Geist miteinander. Darum ist es so wichtig, sie nicht nur in der Übungspraxis, sondern auch im Alltag bewusst zu verfeinern, um ständig und überall bestmögliches Qi aufzunehmen.
Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem San Bao folgt in einem späteren Blog – und ist auch fester Bestandteil meiner Kurse und Lehrgänge.
💡 Tipp für den Alltag:
Mache die Leiteratmung – eine klassische Qigong Atemtechnik – zu deinem täglichen Ritual – beim Gehen, in der Natur, auf dem Weg zur Arbeit oder einfach zwischendurch. Schon wenige Minuten bewusstes Atmen können dein inneres Gleichgewicht stärken und dich mit neuer Energie erfüllen.
Wenn du Fragen hast oder tiefer in die Welt des Qi eintauchen möchtest, sprich mich gerne an. Ich freue mich, dich auf deinem Weg zu mehr Harmonie, Kraft und Lebendigkeit zu begleiten.
Alles Liebe und viel Harmonie
Euer Markus
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